Hier ist eine inspirierende Geschichte zum Thema Dankbarkeit, die nicht nur zeigt, wie mein persönliches Glück stieg, sondern auch ein tolles Beispiel für eine positivere Unternehmenskultur darstellt.

The days that make us happy make us wise.
–John Masefield

Letzte Woche hatte ich ein kleines, aber wunderbares Erlebnis bei der Arbeit. Es war wieder einer jener Tage, deren Stunden viel zu schnell vergingen und dessen Aufgaben sich nicht abhaken lassen wollten.

Dann rief mich eine Kollegin aus dem Homeoffice an. Ein Kundentermin sei bei ihr ausgefallen. Und da sie noch die Woche davor mitbekommen hatte, dass die Arbeit sich momentan bei mir stapelte, wollte sie fragen, ob sie mir irgendetwas davon abnehmen könne…

Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Und obwohl mir spontan nichts einfiel, wobei sie mich ohne große Erklärungen unterstützen könnte, gab mir dieses Angebot neue Kraft. Und ein tiefes Gefühl der Dankbarkeit gegenüber ihr, ihrem Auge für den Kollegen, ihrer Selbstlosigkeit und der kollegialen Atmosphäre, die sich widerspiegelte.

Das stammelte ich ihr – damals noch nicht so ausführlich und wohlsortiert – über’s Telefon zu und schrieb Sekunden danach eine kurze, aber überschwängliche Dankes-Email – immer noch überrascht von ihrem Anruf.

Dieses Ereignis veränderte meinen Fokus insofern, als dass auch ich jetzt wieder einen stärkeren Blick auf die Kolleg*innen warf. Ich überlegte, wo ich helfen könnte, anstatt früher nach Hause zu gehen und die Beine hochzulegen.

Welche Auswirkungen hat Dankbarkeit?

1. Der Ausdruck von Dankbarkeit ermutigt zu moralischem Verhalten. Dankbare Menschen sind gegenüber anderen viel wahrscheinlicher hilfsbereit. Wie im obigen Beispiel durch den Fokus auf die Hilfsbereitschaft meiner Kollegin war auch ich dankbar und hatte den Wunsch, es ihrem wohltuenden Beispiel gleich zu tun.

In einer Studie, in der die Teilnehmer dazu veranlasst wurden, für eine bestimmte Aktion der Freundlichkeit dankbar zu sein, waren diese im Anschluss nicht nur hilfsbereiter gegenüber ihrem Wohltäter, sondern auch gegenüber einem Wildfremden. Sogar, wenn es das Ausführen einer unangenehmen, langweiligen Aufgabe beinhaltete (Bartlett & DeSteno, 2006).

2. Dankbares Denken fördert die Wertschätzung positiver Lebenserfahrungen. Das der Anruf meiner Kollegin als einer von drei schönen Ereignissen auf meiner Was-lief-gut-Liste landete, ist selbstredend. Ihre Hilfsbereitschaft war für mich Weckruf und gleichzeitig mentale Unterstützung: Ich wusste, dort ist jemand, der „auf mich aufpasst“. Das weiß ich zu schätzen.

3. Dankbarkeit zu zeigen stärkt das Selbstwertgefühl. Obwohl sich am Ende keine meiner Aufgaben durch den Anruf meiner Kollegin in Luft aufgelöst hatte, war etwas Wunderbares passiert, dessen Ausgang ein helles Gefühl der Dankbarkeit in mir auslöste.

Was und wie viel andere für mich getan haben, tun, oder tun würden, ist für mich eine Erkenntnis, mit der ich mich selbstbewusster und durch die Hilfe anderer wirksamer fühle. Und anstatt auf die negativen Aspekte der Arbeitsbelastung zu schauen, weiß ich: es könnte schlimmer sein, denn ich habe noch Menschen, die mich unterstützen.

4. Dankbarkeit hilft bei Stress und Trauma. Die Akzeptanz der Lebensumstände und deren Uminterpretation als etwas Gutes ist eine gute Strategie, um mit stresserfüllten Situationen umzugehen. Überraschenderweise drücken Menschen, die mit Unglück konfrontiert werden, häufig instinktiv Dankbarkeit aus.

Zum Beispiel in den Tagen nach dem 11. September 2001: Nach dem Einsturz der Twin-Tower in New York, wurde Dankbarkeit als zweit höchste Emotion nach Sympathie gefunden (Fredrickson und Tugade, 2003).

Warum?

Nach der Attacke auf die USA waren all jene, die um niemanden trauern mussten, dankbarer über ihre eigene und die Sicherheit ihrer Liebsten und waren sich der schönen Dinge des Lebens wieder bewusster. Tatsächlich sind traumatische Erinnerungen weniger intensiv bei jenen, die regelmäßig dankbar sind (Watkins et al, 2004).

5. Dankbarkeit kann dazu beitragen, soziale Beziehungen aufzubauen, zu stärken und neue zu bilden (McCullough et al, 2002). Wenn Sie z.B. ein Dankbarkeitstagebuch führen, bewirkt das mit großer Wahrscheinlichkeit eine größere Verbundenheit mit anderen Menschen.

Viele dieser schönen Momente, die Sie im Laufe Ihres Lebens erfahren, haben mit anderen zu tun und vertiefen die Beziehungen zu diesen Personen (Algoe et al., 2008). Und wenn Sie sich dessen bewusst werden und diese Menschen sogar noch mehr schätzen als zuvor, ist eine Aufwärtsspirale wahrscheinlich, in der positive Beziehungen Dankbarkeit auslösen und diese wiederum dazu führt, dass Beziehungen qualitativ hochwertiger werden (Emmons und McCullough, 2003).

6. Dankbarkeit zu zeigen tendiert dazu, unfaire Vergleiche mit anderen zu unterbinden. Wenn Sie aus vollem Herzen dankbar sind für das, was Sie z.B. an Familie, Freunden und Gesundheit haben, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Sie weniger auf das achten oder es beneiden, was Ihre Nachbarn hinter ihren Gardinen für Reichtümer verbergen

7. Die Ausübung von Dankbarkeit ist inkompatibel mit negativen Gefühlen. Der Psychiater Roger Walsh sagt, dass Dankbarkeit negative Gefühle auflöst: Zorn und Missgunst schmelzen in ihrer Umarmung, Angst und Verteidigung schrumpfen.

8. Dankbarkeit bremst die Anpassung an Genüssliches aus. Wir sind extrem anpassungsfähig, was Schmerzen und andere unangenehme Ereignisse angeht. Körper und Geist gewöhnen sich schnell an die minderen Umstände. Passiert uns Schönes im Leben, ist die Gefahr der Routine nicht fern. Der Aufschwung unseres Glücksgefühls hält meist nur für kurze Zeit an, wenn, ja wenn man nicht stattdessen Dankbarkeit einsetzt und sich bewusst macht, dass nichts Schönes im Leben gegeben ist!

9. Stärkere Dankbarkeit führt zu weniger Materialismus. Man muss kein Ausschwitz-Überlebender sein, um sich bewusst zu werden, dass „nichts zu haben“ nicht weit entfernt ist. Aber es hilft (Casey, 2006). Nicht zuletzt die Bankenkrise hat Millionen von Menschen gezeigt, wie schnell nur noch ein Trümmerhaufen übrig sein kann. Ist der existentielle Teil des Besitzes aber gesichert, kann man mit wenig auskommen. Und dabei auf Nicht-Materielles zu fokussieren, führt unweigerlich zu den Menschen, die wir lieben. Und die sind, wie Sie mittlerweile wissen, eine der ausschlaggebendsten Gründe, warum wir uns wohl fühlen.

10. Positive Menschen werden öfter und mehr gemocht. Und – last but not least – sind dankbare Menschen positivere Menschen und diese Einstellung macht sie gegenüber anderen Menschen offener und wohlwollender. Und deshalb für das Gegenüber umso liebenswürdiger. Positive Menschen haben es folglich leichter, neue Freunde zu gewinnen (Lyubormirsky et al., 2005). Und wer hat nicht gerne einen Freund an der Seite?

Haben Sie ebenfalls ein Beispiel, wo Sie überrascht wurden und daraufhin Dankbarkeit empfanden? Warum war das überraschend?

Eine schöne Übung zum Ausdruck der eigenen Dankbarkeit ist z.B. der Dankbarkeitsbrief.

 

Foto: Trey Ratcliff

 

Literatur

Algoe, S., Haidt, J., & Gable, S. (2008). Beyond Reciprocity: Gratitude and Relationships in Everyday Life. Emotion8(3), 425–429.

Bartlett, M. Y., & DeSteno, D. (2006). Gratitude and prosocial behavior: helping when it costs youPsychological science, 17(4), 319–25.

Casey, M. J. (2006). A Survivor’s Optimism. New York Times. Abgerufen 8. September, 2012, von http://www.nytimes.com/2006/10/20/opinion/20fri4.html?_r=1&th&emc=th

Emmons, R. A., & McCullough, M. E. (2003). Counting blessings versus burdens: An experimental investigation of gratitude and subjective well-being in daily life. Journal of Personality and Social Psychology84(2), 377–389.

Fredrickson, B. L., Tugade, M. M., Waugh, C. E., & Larkin, G. R. (2003). What good are positive emotions in crisis? A prospective study of resilience and emotions following the terrorist attacks on the United States on September 11th, 2001Journal of Personality and Social Psychology, 84(2), 365–376.

Lyubomirsky, S., Sheldon, K., & Schkade, D. (2005). Pursuing Happiness: The Architecture of Sustainable ChangeReview of General Psychology, 9(2), 111-131.

McCullough, M. E., Emmons, R. a., & Tsang, J.-A. (2002). The grateful disposition: A conceptual and empirical topography. Journal of Personality and Social Psychology82(1), 112–127.

Watkins, P. C., Grimm, D. L., & Kolts, R. (2004). Counting your blessings: Positive memories among grateful persons. Current Psychology23(1), 52–67.